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Die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien

Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist die kleinste der drei Gemeinschaften Belgiens. Auf einer Fläche von 854 Quadratkilometern leben rund 73 000 Einwohner. Dies sind meist deutschsprachige Belgier, zu ihnen gehören aber auch wallonische, flämische und ausländische Mitbürger. Das Gebiet umfasst die Gemeinden Amel, Büllingen, Burg-Reuland, Bütgenbach, Eupen, Kelmis, Lontzen, Raeren und St. Vith.

Geografische Lage und Geschichte

Das Königreich Belgien ist ein Bundesstaat, der drei autonome Gemeinschaften, drei Regionen und vier Sprachgebiete umfasst. Die drei Gemeinschaften sind: die Flämische Gemeinschaft, die Französische Gemeinschaft und – als kleinster Bestandteil des Staates – die Deutschsprachige Gemeinschaft. Diese verfügt wie die beiden großen Gemeinschaften über politische Eigenständigkeit.

Drei Gemeinschaften - Drei RegionenVier Sprachgebiete

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Geschichte des deutschsprachigen Landesteils in Belgien ist überaus wechselvoll und vor allem geprägt durch die Grenzlage, die das Gebiet seit Menschengedenken einnimmt. In der Tat: Bereits zur Römerzeit verläuft die Grenze zwischen den alten Römerstädten Köln und Tongeren durch die Region.

Nach dem Wiener Kongress 1815 gehörte das Gebiet der deutschsprachigen Gemeinschaft zum Königreich Preußen und Deutsch wurde zur Amtssprache. Im Zuge der Reichsgründung 1871 wurde das Gebiet als Teil Preußens auch Teil des Deutschen Kaiserreichs. Nach dem Friedensvertrag von Versailles wurden die Kreise Eupen-Malmedy 1920 als Ostkantone an Belgien abgetreten.

Nach dem deutschen Überfall auf Belgien wurde das Gebiet am 18. Mai 1940 annektiert. Rund 8.800 Männer aus den Ostkantonen kämpften während des Zweiten Weltkrieges in der Wehrmacht. Im September 1944 erkämpften sich die amerikanischen Truppen den Weg nach Deutschland; nach dem Krieg wurde das Gebiet wieder dem belgischen Staat zugeordnet.

Als Folge der Sprachgesetzgebung von 1963 wurde Belgien in drei Sprachgemeinschaften aufgeteilt; dies wurde 1970 umgesetzt und somit konnte der Rat der deutschen Kulturgemeinschaft (RdK) als direkter Vorläufer des Rates der Deutschsprachigen Gemeinschaft (RDG), der seit dem Jahr 2004 Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft (PDG) heißt, eingesetzt werden.

 

Sprache(n)

Die drei offiziellen Landessprachen in Belgien sind Niederländisch, Französisch und Deutsch.

Neben diesen gibt es allerdings auch noch sehr lebendige autochthone Regionalsprachen (z.B. Wallonisch und Pikardisch, Luxemburgisch, Limburgisch, etc.), für die sich gewisse Vereinigungen einsetzen; diese finden zwar seitens der Behörden eine gewisse Anerkennung und erhalten eine Unterstützung. Diese Regionalsprachen werden jedoch nicht als Verwaltungs- oder Schulsprachen berücksichtigt.

Angesichts der allgemeinen sprachlichen Homogenität der vier Sprachgebiete hat sich der Gesetzgeber für das Prinzip der territorialen Einsprachigkeit entschieden, was Verwaltung und Bildungswesen betrifft, mit Ausnahme Brüssels, das offiziell als zweisprachig gilt und in Französisch und Niederländisch verwaltet werden muss. Das bedeutet also, dass Belgien ein dreisprachiges Land, ein Land mit drei Landes-, Amts- oder Staatssprachen ist, dass aber jedes Sprachgebiet nur eine einzige Amts- oder Staatssprache hat – mit Ausnahme Brüssels, das zwei hat.

In bestimmten Gemeinden, die direkt an der Sprachengrenze gelegen sind, ist der Prozentsatz derjenigen, die eine andere Staatssprache als die des betreffenden Gebietes sprechen, seit jeher sehr bedeutend. Aus diesem Grunde sieht der Gesetzgeber ausdrücklich vor, dass in diesen Gemeinden – und nur dort; sie werden im Gesetz aufgelistet – die Bürger dieser sprachlichen Minderheit, wenn sie es wünschen, gewisse Dienstleistungen in ihrer Muttersprache erhalten können. Die lokalen öffentlichen Dienststellen müssen dort so organisiert sein, dass die Bürger nicht nur in der Gebietssprache, sondern auch in der anderen Staatssprache ohne die geringsten Schwierigkeiten bedient werden können, d.h. dass jeder Bürger einen Rechtsanspruch auf den Gebrauch seiner Sprache (insofern es eine der drei Landessprachen ist) bei den Beziehungen mit den Behörden hat, auch wenn diese sich nicht im betreffenden Sprachgebiet befinden. Die Berücksichtigung der deutschen Sprache durch die regionalen und föderalstaatlichen Dienststellen lässt jedoch – auch wenn schon beachtliche Anstrengungen unternommen und Fortschritte erzielt worden sind – noch manche Wünsche offen.

DGDie Einwohner der Deutschsprachigen Gemeinschaft verstehen sich als Menschen in einem europäischen Kerngebiet mit einfachem Zugang zu vier verschiedenen Ländern (B, D, NL und L). Sie verwenden weitgehend die hochdeutsche Standardsprache in den Verwaltungen, Schulen, im Kirchenleben und in den Sozialbeziehungen. Daneben spielen Dialekte nach wie vor eine Rolle in den gesellschaftlichen Beziehungen. Eine Bevölkerungsminderheit, vorwiegend in den nördlichen Gemeinden Kelmis, Lontzen und Eupen, spricht Französisch. Aufgrund des in Belgien gültigen Territorialprinzips sind allerdings keine offiziellen Erhebungen gestattet, die das Zahlenverhältnis zwischen deutschsprachigen und französischsprachigen Einwohnern wiedergeben.

Die Menschen sind loyale Belgier, im Allgemeinen der Monarchie zugetan. Sie fühlen sich staatlicherseits respektiert, seitdem Deutsch als eine der drei Amts- und Verfassungssprachen anerkannt ist. Die politische Autonomie als Deutschsprachige Gemeinschaft hat erheblich dazu beigetragen, dass die deutschsprachige Bevölkerung sich als vollwertiger Bestandteil des belgischen Staates betrachtet.

 

Rechtslage

Die DG bildet zwar eine eigenständige und weitgehend hoheitlich agierende Körperschaft, als gliedstaatliche Einheit ist sie jedoch weiterhin in die föderalen Strukturen Belgiens eingebunden. Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist durch Artikel 2 der Verfassung offiziell anerkannt. Durch die Artikel 115, 121 und 130 der Verfassung hat sie in etwa den gleichen Rechtsstatus wie die Französische und die Flämische Gemeinschaft erhalten, d.h. sie ist in etwa mit der gleichen Autonomie und mit den gleichen Befugnissen ausgestattet worden. Die Institutionen für die Wahrnehmung ihrer Eigenständigkeit sind qualitativ gleichwertig.

Weder für die Wahlen zur Abgeordnetenkammer noch für die direkt zu wählenden Mitglieder des Senats sowie für die Wahlen des Wallonischen Regionalparlaments verfügt das deutsche Sprachgebiet bislang über einen eigenen Wahlkreis. Deshalb ist eine gesicherte Vertretung in den jeweiligen gesetzgebenden Versammlungen nicht gewährleistet. Lediglich die Entsendung eines vom Parlament der DG bestimmten Gemeinschaftssenators ist gesetzlich abgesichert.

 

Organisationen

Das Ministerium ist die Verwaltung der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Rund 160 Personen sind hier beschäftigt. Politische Entscheidungen werden im Ministerium vorbereitet und schließlich umgesetzt. Die Modernisierung der Verwaltung wurde in den vergangenen Jahren gezielt voran getrieben. In den rund 25 Jahren seiner Existenz hat sich das Ministerium von einer kleinen Personalzelle zu einem mittleren Unternehmen entwickelt.

Das DG-Parlament übt alle traditionellen Funktionen eines Parlaments aus. Neben der gesetzgebenden Tätigkeit wählt es die aus vier Ministern bestehende Regierung und kontrolliert deren Arbeit. Es entsendet einen seiner Parlamentarier als Gemeinschaftssenator in den Senat nach Brüssel. Seine Kontrollfunktion von Regierung und Ministerium nimmt das DG-Parlament im wesentlichen über aktuelle Fragen und Interpellationen in den Plenarsitzungen sowie über schriftliche Anfragen wahr, die zusammen mit den Antworten des zuständigen Ministers als offizielles Dokument veröffentlicht werden.

Das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist die Volksvertretung der deutschsprachigen Belgier. Amtssprache im DG-Parlament ist Deutsch. Das Parlament zählt 25 Abgeordnete, die alle fünf Jahre direkt gewählt werden. Die jüngsten Wahlen fanden am 7. Juni 2009 statt.

Die wichtigsten Aufgaben des DG-Parlaments sind: die Wahl und die Kontrolle der Regierung, die Verabschiedung von Dekreten (Bestimmungen mit Gesetzeskraft) für die Deutschsprachige Gemeinschaft und die jährliche Verabschiedung des Gemeinschaftshaushalts.

Die deutschsprachigen Belgier verfügen seit 1973 über ihr eigenes Parlament. Ursprünglich als Rat der deutschen Kulturgemeinschaft (RdK) bezeichnet, hieß es von 1984 bis 2004 Rat der Deutschsprachigen Gemeinschaft (RDG). Seit einer Änderung der belgischen Verfassung im Juli 2004 trägt es offiziell die Bezeichnung “Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft”.

Der Sitz befindet sich seit Oktober 2013 am Platz des Parlaments 1 in Eupen.

 

Bildungssystem

SchulebenenIn Belgien sind die drei Gemeinschaften zuständig für das Unterrichtswesen, allerdings mit Ausnahme der  Festsetzung von Beginn und Ende der Schulpflicht, den Mindestbedingungen für die Ausstellung der Diplome und den Pensionsregelungen für das Personal des Unterrichtswesens. Die Freiheit des Unterrichts ist in der Verfassung des Königreichs Belgien festgelegt. Die Einrichtung von Unterrichtsanstalten darf keinen einschränkenden Maßnahmen unterliegen. Es ist also möglich, Schulen einzurichten, die keine Verbindung mit den öffentlichen Behörden haben. Jedoch müssen sich Schulen, die anerkannte Diplome ausstellen und die Subsidien der Gemeinschaft beziehen möchten, den gesetzlichen Bestimmungen unterwerfen.

Die meisten Kinder besuchen den Kindergarten ab dem Alter von 3 Jahren. Jedoch beginnt die Schulpflicht erst mit 6 Jahren, also mit dem Eintritt in die Primarschule. Schulpflichtig sind die Schüler bis 15-16 Jahre vollzeitig und bis 18 Jahre teilzeitig. Im Normalfall durchläuft jeder Schüler drei Jahre im Kindergarten, sechs Jahre in der Primarschule und sechs Jahre in der Sekundarschule.

Die Unterrichtssprache ist Deutsch und die 1. Fremdsprache Französisch. Schon ab dem Kindergarten werden den Kindern fremdsprachliche Aktivitäten angeboten, die sie auf den Fremdsprachen­unterricht in der Primarschule vorbereiten sollen. Während in der Primarschule neben dem Fremdsprachenunterricht weiterhin fremdsprachliche Aktivitäten angeboten werden, besteht in der Sekundarschule die Möglichkeit, die 1. Fremdsprache als Unterrichtssprache zu wählen. Ab der 8. Klasse gilt Englisch als Pflichtfach und ist somit 2. Fremdsprache. Ab der 9. Klasse besteht die Möglichkeit als weitere Fremdsprache Niederländisch zu lernen.

 

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