„Es ist nie zu spät… Aber auch nie zu früh!“ So lautete das Thema einer Konferenz in Namur (Belgien), die am 12.03.2014 in der Université du Troisième Age stattfand. Professor Manfred Peters, Soziolinguist im Fachbereich Germanistik an der Universität Namur und Präsident der Kommission „Früher Spracherwerb“ des LIONS CLUBS INTERNATIONAL, berichtete über die Vorteile der frühen mehrsprachigen Erziehung und stellte mehrere bilinguale Bildungsprogramme vor.
Das in Belgien am häufigsten erprobte bilinguale Lehrprogramm heißt CLIL (Content and Language Integrated Learning): So werden alle Formen des Unterrichts bezeichnet, die das Unterrichten eines nichtsprachlichen Faches wie Geschichte, Biologie oder Mathematik in einer Zweit- oder Fremdsprache integrieren. Die Onlineplattform TIBEM (Tweetaligheid in Beweging – Bilinguisme en Mouvement) informiert über diese Immersions-Unterrichtsmethode, für die vor allem die deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien eine Vorbildfunktion innehat, denn Französisch wird hier ab der Grundschule als Muttersprache gelehrt. Aber auch der „Eveil aux Langues “, eine Initiative der französischen Gemeinschaft in Belgien, ist ein profiliertes Programm, das zum Ziel hat, vor allem bei kleinen Kindern ein mehrsprachiges Bewusstsein zu schaffen. Mit Hör-CDs können auch Eltern, die selbst nicht mehrsprachig sind, ihre Kinder an ein bilinguales und multikulturelles Umfeld gewöhnen.
Professor Peters berichtete über die neuesten (neuro-)wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Zwei- und Mehrsprachigkeit. Bei Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, ist die Zone des Gehirns, die für Aufmerksamkeit und Logik zuständig ist, höher entwickelt. Mehrsprachigkeit stimuliert überdies die kognitive Entwicklung von Kindern.
Warum kann man also nicht früh genug beginnen, Sprachen zu lernen? Eine amerikanische Studie hat bewiesen, dass ein Baby schon vor der Geburt bilinguale Resonanzen wahrnehmen kann. Wenn eine Fremdsprache sehr früh erlernt wird, wird sie im gleichen Gehirnareal wie die Muttersprache angesiedelt, nämlich in der Broca Zone. Diese wird bei bilingualen Kindern doppelt ausgebildet. Kinder, die eine Fremdsprache später lernen, benutzen ein anderes Gehirnareal für die zweite Sprache, das benachbart mit dem der Muttersprache ist. Da sich die Synapsenbildungen im Gehirn wesentlich in den ersten drei Lebensjahren entscheiden, spätestens aber bis in die Pubertät abgeschlossen sind, ist der frühe Fremdsprachenerwerb von besonderer Bedeutung. Dies ist auch der Grund, warum es Kindern leichter fällt, Sprachen zu lernen. Peters verweist in diesem Zusammenhang auf den amerikanischen Bestseller „… tout se joue avant six ans“ (1980) von Dr. Fitzhugh Dodson.
Julia Marx von language diversity besuchte die Konferenz in Namur und übergab Professor Manfred Peters Informationsmaterialien unserer Kampagne, die er bei weiteren Vorträgen in Belgien, unter anderem in Eupen, nutzen wird. Auch ein Treffen mit Jeroen Darquennes, ebenfalls Professor im Bereich Germanistik an der Uni Namur, der sich dem Spezialgebiet „sprachpolitische Situation von Minderheiten“ widmet, konnte organisiert werden. Beide konnten darüber hinaus als Multiplikatoren für unseren Video-Wettbewerb MiLaS gewonnen werden!